EINE KRIEGSLÜSTERNE MEDIENLANDSCHAFT …

Gespeichert von Rudi am

Gregor Lang-Wojtasik hat diesen gelungenen Text zur aktuellen Situation um die Ukraine von Till Bastian geschickt, der dem Versöhnungsbund freundschaftlich verbunden ist:

„Geschähe doch einmal etwas“, notierte der 22jährige Student Georg Heym am 6. Juli 1910 in seinem Tagebuch. „Würden wieder einmal Barrikaden gebaut. Ich wäre der erste, der sich darauf stellte, ich wollte noch mit der Kugel im Herzen den Rausch der Begeisterung spüren. Oder sei es auch nur, daß man einen Krieg begänne, er kann ungerecht sein. Dieser Friede ist so faulig ölig und schmierig wie eine Leimpolitur auf alten Möbeln.“

Den weltweiten Massenmord, der vier Jahre später tatsächlich begann, hat Heym allerdings nicht mehr erleben müssen – er ist am 16. Januar 1912 beim Schlittschuh-lauf in der Havel ertrunken…
Heyms Zeilen kamen mir unwillkürlich in den Sinn angesichts des militaristischen Tenors, der in unseren Medien mehr und mehr zum mainstream geworden ist.

Wenn selbst der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj noch Ende Januar vor „Panikmache“ warnte und meinte (von seinem Verteidigungsminister unterstützt), die Lage an der russischen Grenze sei „nicht angespannter als zuvor“ (Spiegel-online, 28. 1. 2022) – dann hätte doch eigentlich erwartet werden dürfen, dass eine solche beruhigende Haltung sich auch in der Berichterstattung wiedergespiegelt hätte.

Aber just das Gegenteil war der Fall – Martialisches Getöse allenthalben:

„Deutschlands Zaudern macht den Krieg wahrscheinlicher“, so Ralf Neukirch am selben Tag, als Selenskyj die Stimmung zu beruhigen suchte (ebenfalls Spiegel-online, 28. 1.) – weil die deutsche Regierung keine Waffen an die Ukraine liefere, „unterminiert sie“, so Neukirch, „das Abschreckungspotential des Westens“…

So tönte es schon seit Wochen! „Gute Absichten beeindrucken weder Gegner noch Verbündete“, behauptet Ulrike Franke (Zeit-online, 17. 1.); „Die fatale Botschaft: Moskau hat vom Westen nichts zu befürchten“, meint Daniel Brössler (SZ-online, ebenfalls 17. 1.); „Zugeständnisse erhöhen die Kriegsgefahr nur, statt die Lage zu beruhigen“ schreibt nur wenig später Christian Neef (Spiegel-online, 19. 1.).
Eine besonders unangenehme Stimme in diesem hässlichen Chor ist die des früheren Redakteurs der BILD-Zeitung, Nikolaus Blome, der jetzt für den Spiegel schreibt: „Mehr kalten Krieg wagen“ forderte er ebendort schon am 20. 12. 21, und einen Monat später sogar „Wehrpflicht statt Impfpflicht“ (am 17. 1. 2022).

Den vorläufigen Höhepunkt erreichte dieses Angst-und-Aggressions-Spektakel indes mit dem „Gastbeitrag“ von Radek Sikorski, ehemals polnischer Außenminister, im Spiegel vom 31. 1. 2022, der überschrieben war mit:

„Wer gegen Waffen für die Ukraine ist, ist für Krieg“…

Geht es noch polemischer? Leider ja:

„Militärische Auseinandersetzungen sind wieder zum Mittel der Politik geworden, auch in Europa. Deutschland muss seine Haltung ändern“ – so Paul-Anton Krüger, SZ-on-line, 20. 2. 2022

Soll damit der endgültige Schluss-Strich gezogen werden unter rund 45 Jahre Friedensbewegung? Krieg ist, so heißt es,  jetzt wieder ein Mittel der Politik…

Auf welches Niveau mag die deutsche Medienlandschaft denn noch sinken?

Und: Wollen sich die friedensbewegten Menschen in Deutschland das wirklich bieten lassen?

Wie hieß es schon vor über dreißig Jahren: „Friede beginnt in den Köpfen…“ Stimmt!

Der Krieg aber leider auch! Also, um abschließend einen anderen Dichter zu zitieren: „Bleib erschütterbar – und widersteh!“ (Peter Rühmkorf)

Diesen Text bitte weiterverbreiten!

V.i.S.d.P.: Dr. Till Bastian, Am Friedhag 7, 88316 Isny