Fastenaktion - Fasten und Heilen - aus dem Tagebuch

Gespeichert von Matthias-W Engelke am

Erneut ins Schreiben versenkt hörte ich hinter mir einen Ruf „Matthias!“ Wer ruft mich denn hier in Berlin? Ich drehte mich doch um und sah Freunde vom Versöhnungsbund heranradeln. Das war – so begrüßte ich sie – genau das, was solche Fastenaktionen zu einem wunderbaren Erlebnis machen: Genau dann, wenn Du denkst – jetzt musst Du Dich darauf einrichten, die verbleibende Zeit allein zu zubringen, taucht jemand auf – „das ist phantastisch!“, freute ich mich. Wir kamen über die Architektur des Bundeskanzleramtes ins Gespräch. Sarah fragte mich  ob ich mit dem Empfänger meiner Nieren-Spende nun auf besondere Weise verbunden sei? Und ich hatte Gelegenheit davon zu erzählen, wie wichtig es mir ist, keine Abhängigkeiten entstehen zu lassen, auch nicht durch Dankbarkeit, sondern in der gemeinsamen Dankbarkeit gegenüber Gott auf gleich zu gleich miteinander leben zu können. Wir kamen darüber in eine Diskussion über Transplantationsmedizin und Organspenden. Ein warmer köstlicher Sommerregen setzte ein. Wir sahen über dem Paul-Löbe-Haus zwei wunderschöne Regenbögen. Als der Regen – nach einer Pause – nicht aufhören wollte, tanzte Sarah auf den nassen Platten vorm Kanzleramt – was für ein Bild! Schließlich fingen wir doch an, die Plakate einzusammeln. Sie nahmen erneut ihre Räder und verabschiedeten sich.

Die Plakate waren alle schon durchgeweicht. Die Mansardenstoffe auf dem Boden mit dem Motto unserer Aktion und der Karte zur Atomkette hielten große Wassertropfen fest. Nach einem leichten sommerlichen Regen tauchte sehr dicke dunkle Wolken auf und schließlich haben meine Frau und ich was geschützt werden kann und muss – wie z. B. die Unterschriftenlisten – in Sicherheit gebracht und uns an eine schmale Ecke des Bundeskanzleramtes untergestellt. Es klarte auf ohne dass es dicke Tropfen unterlassen hätten immer noch hin und wieder den Weg zu uns zu finden.

Meine Frau und ich hatten uns innerlich gerade damit abgefunden, dass wir beim Abendgebet wohl doch allein sind – da sah ich eine gute Bekannte mit einer älteren Dame an Fahrrädern gelehnt miteinander am Beginn der Vorplatzes des Bundeskanzleramt reden. Als sie nach einer Weile zu uns kamen, stellte sie sich vor. Wir luden beide dazu ein, an der Abendandacht teilzunehmen. Beide wollten Näheres darüber wissen. Sie ließen sich darauf ein. Ich sagte zu Beginn: „Noch nie hat es für mich solch eine existenzielle Bedeutung gehabt wie heute, was Jesus gesagt hat: „Wo sich zwei oder drei in meinem Namen versammeln, bin ich mitten unter ihnen“.“

Als ich den zweiten Bußpsalm in meiner Nachdichtung vortrug spürte ich eine große Nähe untereinander. Nachdem ich im weiteren Verlauf anfing die Orte und einige Details der Atomwaffentests vorzustellen, änderte sich das. Die Auswahlliste ist in der Tat unerträglich. Ich wollte sie aber vorstellen weil es mir – wie ich zur Einleitung dazu vortrug – auch darum geht, dass wir standhalten. Die ältere Dame fragte nach einiger Zeit mit leiser, bestimmter Stimme, warum es diese Auflistung in einer Andacht gäbe, es sei doch viel wichtiger die Heilkräfte in den Mittelpunkt zu stellen. Ich antwortete: Es gehe darum wahrzunehmen und ich möchte es zu Gehör bringen, wie durch zahllose Atomtests unsere Welt und alle Lebewesen geschunden und erniedrigt wurden und werden und schlug vor, nur noch die Tests zu nennen, die die ersten derjenigen Länder sind, die heute im Besitz von Atomwaffen sind  (mit Ausnahme von Israel, dort ist mir kein Atomwaffentest bekannt ). Sie war dankbar, dass ich mich darauf einließ. Im Anschluss öffnete ich die Andacht für Stille, Beiträge und Gebet. Die Frau ergriff sogleich diese  Gelegenheit und mit langsamer Stimme nahm sie in ihr Gebet die geschundene Erde mit all ihrer Kreatur auf und verband es mit der Bitte, dass alles vom Licht Gottes her verwandelt wird: Heilend.

Im Anschluss sprachen wir über die Redeweise von Gott als Vater und Mutter und verschiedene Weisen von Gott zu sprechen. Wir hörten im Anschluss von einem neuen Projekt: Ein multitlaterales  Treffen von Jugendlichen aus Israel, Palästina und Deutschschland – vielleicht auch aus Polen und vom dem großen Vorhaben 2015 – 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges – eine große Friedenswerkstatt in Berlin durchzuführen – nach 70 Jahren ist es an der Zeit, dass Berlin Friedenskräfte investiert in Konfliktbereiche unserer Welt.